Ein schöner Ort zum Kreativsein und für gemeinsamen Austausch in einem kleinen Bauwagen: Im halleschen Stadtteil Silberhöhe zieht ein soziales Projekt Jung und Alt an.
Von Ariane Keller
„Unser Ziel ist es, dass Kinder und Jugendliche hier Freiraum haben und trotzdem behütet sind“, fasst Michaela Herrmann das Projekt „Man sieht sich“ zusammen. Die 53-Jährige ist Sozialdiakonin bei der Stadtmission in Halle. Und sie betreut den bunten Bauwagen, der neben dem Spielplatz an der Querfurter Straße im halleschen Stadtteil Silberhöhe steht und das Herz des Projektes ist.
Zwischen den Platten
Das Quartier in Halles Süden ist geprägt von Plattenbauten. Die Quoten von Arbeitslosigkeit und Kinderarmut sind vergleichsweise hoch. Ein bunter Fleck zwischen den Platten ist selten. Auch deswegen ist der Bauwagen etwas Besonderes. „Hier soll es nicht nur einen sicheren, sondern auch einen schönen Ort geben“, so die Sozialdiakonin.
Dafür legen die Kinder und Jugendlichen, die mittwochs und freitags das offene Angebot nutzen, auch selbst Hand an. So wurde das Äußere des alten Bauwagens erst vor Kurzem neu gestaltet und farbenfroh verschönert.
Am Bauwagen in der halleschen Silberhöhe werden regelmäßig Feste für kleine und große Besucher gefeiert. Wie hier das Kindertagsfest.
Foto: Michaela Herrmann
Doch nicht nur für Heranwachsende ist das Projekt zu einem wichtigen Teil ihres Lebens geworden. „Erwachsene kommen ganz selbstständig auf uns zu und fragen, ob sie mitmachen und helfen können“, erzählt Herrmann. Eine Nachbarin zum Beispiel nimmt das dreckige Geschirr aus dem Bauwagen mit nach Hause und spült es freiwillig. „So etwas ist für uns eine große Hilfe“, so Herrmann.
Das Projekt wurde im September vor sechs Jahren aus der Taufe gehoben als Kooperation zwischen der Evangelischen Stadtmission und dem Evangelischen Kirchspiel Süd. Seitdem wird an jedem Mittwoch- und Freitagnachmittag zusammen gespielt und gebastelt, geplaudert und gegessen, gelacht und geweint. „Hier wird alles geteilt: Schokolade und Kaffee, Leid und Glück“, erzählt die Sozialdiakonin und lacht.
Neben den Treffen am Nachmittag steigen am Bauwagen auch fröhliche Partys. Wie zuletzt am Weltkindertag mit Dosenwerfen, einem Fußballturnier, Kinderschminken, Sackhüpfen und leckeren Erfrischungen und Speisen. Der „Wir helfen“-Verein hat das Bauwagen-Projekt mit 1.000 Euro für die Fete am Kindertag unterstützt.
Das „Man sieht sich“-Projekt sei auch weiterhin auf Spenden angewiesen, die Förderung der Landeskirche im Rahmen der Erprobungsraum-Initiative laufe 2027 komplett aus – aktuell wurde bereits geplant gekürzt. „Es war immer klar, dass sich das Projekt nicht nur durch ehrenamtliche Helfer aufrechterhalten lässt“, so Herrmann. Und weiter: „Dafür tragen die Menschen in diesem Stadtteil einfach einen zu großen Rucksack – gefüllt mit finanziellen Sorgen, Sucht- oder Gewalterfahrungen. Wir brauchen professionelle Sozialpädagogen, welche den verlässlichen Rahmen des Projektes gewährleisten.“
Diese seien auch für die Jugendlichen, die die weiterführende Schule besuchen, wichtige Ansprechpartner. „Sie haben hier einen Raum zum Chillen in einer vertrauensvollen Atmosphäre, machen keinen Blödsinn, sind aber auch selbstbewusst und selbst ermächtigt und können das Projekt aktiv mitgestalten“, berichtet Herrmann. So wie eben die Gestaltung des Bauwagens.
Endlich wieder eine Fete!
Mitgestalten und mitbestimmen können die Kinder und Jugendlichen auch bei der Frage, wohin der nächste Ausflug führt. Am 21. Oktober soll es nach Döbeln ins Karls Erlebnisdorf gehen. Schon vorher, am 1. Oktober, beteiligt sich der bunte Bauwagen auf der Silberhöhe am Wir-Festival, dem Demokratie-Fest mit vielfältigem Programm in der ganzen Stadt, mit einem Vorlese-Zelt.
Am 11. November steigt dann endlich wieder eine Fete am Bauwagen. Das Martinsfest führt alle Kinder und die, die es im Herzen geblieben sind, ab 17 Uhr mit einem leuchtenden Laternenumzug bis zum Kirchhof Beesen. Dort wird an den Heiligen Martin mit leckerem Kinderpunsch, einem wärmenden Feuer und beschwingter Musik erinnert.