Wir Helfen | Mitteldeutsche Zeitung

Von Schiff bis Koffer

Halle (Saale)

Der MZ-Unterstützungsverein „Wir helfen“ hat bei seiner Mitgliederversammlung über so viele Anträge beraten wie nie zuvor. Mehr als 100.000 Euro Spendengelder wurden verteilt.

Von Julius Lukas

Um vom MZ-Unterstützungsverein „Wir helfen“ gefördert zu werden, gibt es eine wichtige Bedingung: Das Projekt muss Kindern zugutekommen, die in der Gesellschaft benachteiligt sind. Auf das Segelschiff „Askania“ trifft das zu. „Es wurde in Halle in der Jugendwerkstatt gebaut“, berichtet „Wir-helfen“-Mitglied und Projektpatin Gerlinde Kuppe. Daran seien Kinder aus Haushalten beteiligt gewesen, die nur geringe finanzielle Mittel haben. Für sie seien oft schon normale Wochenendausflüge kaum leistbar.

Im „Askania“-Projekt sollen sie mit dem Boot nun auf der Saale fahren, das Schiff steuern und als Team Verantwortung übernehmen. „Das sind wichtige Erfahrungen für junge Menschen und deswegen finde ich das auch ein sehr schönes Projekt“, meint Kuppe. Auch die anderen Vereinsmitglieder sahen das so und stimmten der Bitte um eine Förderung in Höhe von 2.500 Euro zu.

Wir helfen - Von Schiff bis Koffer

Viele Privatspenden

Das Schiff war einer von 59 Anträgen, über die bei der „Wir-helfen“-Mitgliederversammlung Mitte Mai befunden wurde – ein neuer Rekord. Im vergangenen Jahr waren es noch 48 Einreichungen, was ebenfalls bereits ein Höchststand war. Mit dieser rasanten Entwicklung konnten die Einnahmen des Vereins jedoch nicht mithalten. Für die Projektunterstützung standen mit Stichtag 30. April etwa 112.000 Euro zur Verfügung. 2024 waren es noch 8.000 Euro mehr.

Ein Grund für den leicht gesunkenen Kassenbestand lag in der Adventsaktion, bei der etwas weniger als im vergangenen Jahr gespendet wurde. „Wir beobachten, dass die Zahl der Einzelspenden weiter steigt, allerdings fehlen die Großspenden“, erklärte Vereinsvorsitzende Susen Thiele. Die Zahl der Zuwendungen von Privatpersonen stieg in den vergangenen Jahren von 800 auf 1.300. Firmen und Institutionen hingegen hielten sich eher zurück. Große Beträge kamen etwa von der Volksbank Halle (2.000 Euro), dem Freundeskreis der Uni Halle (2.000 Euro) oder von Kathi (1.500 Euro).

Insbesondere die vielen Spenden von Einzelpersonen hob „Wir-helfen“-Mitglied Anna Manser hervor. „Zivilgesellschaftlich ist das ein wunderbares Ergebnis.“ Das sah auch Susen Thiele so. Zwar müsse die Basis der Spender weiter verbreitert werden, aber: „Jeder Cent zählt für uns“, so die Vereinsvorsitzende. „Die Leute geben, was sie haben – und das ist toll.“

Damit die Zuwendungen, die „Wir helfen“ bekommt, auch die Richtigen erreicht, wurde bei der Jahresversammlung intensiv über die einzelnen Anträge diskutiert. Dabei wird immer auch abgewägt, ob das erbetene Geld nicht aus anderen Quellen kommen könnte – etwa von staatlicher Förderung.

Beim Kampf- und Rehasport Geiseltal gibt es diese Möglichkeit nicht. Der Verein führt Kinder und Jugendliche an die Sportart Ringen heran. „Wir wollen den Kids nicht nur sportliches, sondern auch soziales Verständnis wie Fairness, Disziplin, Fleiß und Geduld vermitteln“, so Vereinsvertreter René Kämling im Antrag. Ein Schulprojekt gebe es bereits in Braunsbedra (Saalekreis). „Und die Verantwortlichen wollen das ausweiten“, erklärte „Wir helfen“-Pate Eberhard Jüttner. Um sich mit Sportgeräten weiter zu professionalisieren, gab es 3.000 Euro als Förderung.

Nicht sportlich, sondern künstlerisch will das Projekt Kunstkoffer in Zeitz (Burgenlandkreis) junge Menschen erreichen. Bereits seit Mai 2023 werde dieser Koffer jede Woche in einem zentralen Park der Stadt aufgeklappt. Wie sich bisher gezeigt habe, ziehe der „offene, kostenfreie und zuverlässige Charakter des Projektes insbesondere sozial benachteiligte Kinder und Kinder mit Migrationshintergrund“ an, so Antragsstellerin Marie Kather. Für die Beschaffung von Verbrauchsmaterialien gab „Wir helfen“ 2.000 Euro.

Ein Schwimmcamp, mehrere Ferienfahrten und Ausflüge, die Kinderstädte in Halle und Bernburg, Kostüme für einen Tanzverein aus Polleben oder eine Finanzspritze für den Bau einer Nestschaukel in einem Jugendclub in Sangerhausen – das sind nur einige weitere Projekte, die eine Unterstützung bekommen haben. Allerdings: Längst nicht alle Projekte konnten Gelder erhalten. Die beantragten Mittel überstiegen in diesem Jahr die verfügbaren, weswegen Förderungen genau abgewogen werden mussten.

Geldauflagen für „Wir helfen“

Eine Möglichkeit, um in den kommenden Jahren finanziell wieder mehr Spielraum zu haben, präsentierte MZ-Chefredakteur Marc Rath: „Wir sind jetzt als Empfänger von Geldauflagen in Strafsachen registriert“, teilte der Vize-Vereinsvorsitzende mit, der bei der Mitgliederversammlung in seinem Amt bestätigt und für weitere drei Jahre gewählt wurde. Staatsanwaltschaften und Gerichte können, wenn sie Geldstrafen verhängen, nun auch „Wir helfen“ als Empfänger bestimmen. 2024 erhielten in Sachsen-Anhalt Vereine und Institutionen durch solche Auflagen etwa 1,45 Millionen Euro. Ein Teil davon, so die Hoffnung, könnte künftig auch „Wir helfen“ abbekommen.